Motorradwochenende in „Good Old Switzerland“ 25. – 28.07.2019

Bericht einer Motorradtour ohne Motorrad aus Sicht einer Sozia, die ausnahmsweise als Chauffeuse am Steuer eines Autos sitzt, um den Motorradhäuptling und Tour-Organisator durch die Schweiz zu kutschieren.

Was läuft denn da verkehrt? Harald, der Tour-Organisator und ich, seine Sozia, kommen ohne Motorrad dafür mit Auto und Krücken in Röthis an. Harald ist vor zwei Wochen in einer Kurve mit Rollsplit vom Motorrad gefallen und hat nun einen kaputten Fuß.
Röthis??? Das liegt ja gar nicht in der Schweiz, sondern in Österreich an der Grenze zur Schweiz – sowas… es ist also eine Schweiz-Tour, die in Österreich startet. Warum das? Am Ende der Tour ist mir und vermutlich einigen anderen klar warum: in Österreich ist sowohl die Unterkunft als auch Verpflegung bezahlbar. Also möglichst lange die Schweiz meiden…
„Lieber Gott was immer du da draußen kochen willst, es ist gar!“ Auch die nach und nach ankommenden Teilnehmer der Tour scheinen ziemlich durchgekocht zu sein, als sie an einem der heißesten Tage des Sommers mit ihren Mopeds in Röthis einfallen. Die Folge dieser Hitze ist Durst. Durst pflegen Motorradmänner mit Bier zu bekämpfen. Der Biervorrat im Getränkeautomat des Hotels ist nach kurzer Zeit erschöpft und die Motorradmänner sowieso. Mit letzter Kraft schleppen sie sich nach einigen Irritationen über die Definition von rechts und links und seltsamen Orientierungsschwierigkeiten aufgrund von Dehydration zur Bierquelle und Mampfstation im Dorf, wo sie in allerletzter Sekunde dem Tod durch Bier- und Futterentzug entkommen.

Derart gestärkt verschiebt sich der tatsächliche Startzeitpunkt der Tour am nächsten Morgen wie immer um einen besser nicht näher genannten Zeitraum. Motorradmänner und ihre Navis sind Dauerfeinde und tragen Ihre Kämpfe und Kriegshandlungen mit den TomToms, Garmins und BMW-Spezialnavis grundsätzlich nach dem offiziellen Startzeitpunkt auf dem Parkplatz aus.
Der einzige Grund aufzugeben und den Navis den Sieg zu überlassen ist die aufkommende Hitze, die schon morgens nur mit Fahrtwind auszuhalten ist. So treiben die Navigationsgeräte während der gesamten Tour ihr Unwesen und lassen immer wieder einige Motorradmänner temporär abhanden kommen, verloren gehen oder Umwege fahren. Wie gut, dass ein besonders von der Technik gefrusteter Motorradheld eine schnöde Schweizkarte zur Hand hat. Es handelt sich dabei um eine dieser faltbaren 2 qm-Monster aus Papier mit vielen bunten Linien drauf, bei denen grundsätzlich immer ein Faltknick direkt auf der Tour liegt. Zusammen mit einem gelben Leuchtstift, mit dem die Kartenlinien gründlich markiert werden, ist die Karte dann auch die Rettung, die zum gewünschten Ziel in Luzern führt.

Ein Aufzug, in dem maximal vier Motorräder Platz finden, soll die fahrbaren Untersätze von der Straße zur Nachtruhe in die Tiefgarage des Hotels bringen. 

Da diese Prozedur die Geduld des ein oder anderen Motorradmannes überstrapaziert, wird kurzerhand die Fahrt mit dem Aufzug boykottiert. 

Das Lager diverser Mopeds wird auf einem echten Schweizer Motorradstellplatz draußen auf der Straße aufgeschlagen. Mit der Schweizer Motorradparkordnung nicht vertraut, hat ein Allgäuer Parkheld sich dann auch sogleich den Unmut der Luzerner Motorradwelt zugezogen. Sein nicht im korrekten Winkel völlig inakkurat abgestelltes Motorrad wird zum Anlass eines gepflegten Schweizer Wutausbruchs:

Da diese Prozedur die Geduld des ein oder anderen Motorradmannes überstrapaziert, wird kurzerhand die Fahrt mit dem Aufzug boykottiert. 

Das Lager diverser Mopeds wird auf einem echten Schweizer Motorradstellplatz draußen auf der Straße aufgeschlagen. Mit der Schweizer Motorradparkordnung nicht vertraut, hat ein Allgäuer Parkheld sich dann auch sogleich den Unmut der Luzerner Motorradwelt zugezogen. Sein nicht im korrekten Winkel völlig inakkurat abgestelltes Motorrad wird zum Anlass eines gepflegten Schweizer Wutausbruchs:

Um die geplante Stadtführung von Krücken-Harald zu gewährleisten ohne muskuläre Erschöpfungszustände bei eben diesem hervorzurufen, habe ich mit dem Hinkebein tagsüber ein Motorrad ohne Motor und Lenker, dafür mit vier Rädern organisiert. So kann Krücken-Harald dann per fahrbarer Sänfte durch Luzern geschoben werden. Die Krücken werden von Harald als Zeigestock für Sehenswürdigkeiten und zum Antrieb von zu langsamen Anschiebern missbraucht.

Der Absacker auf der Rooftop-Party des Hotels, zu dem die Motorradtruppe in Birkenstocklatschen, Shorts und bedruckten Mopedfahrershirts auftaucht, lässt die Luzerner Partywelt erstaunt die Augenbrauen heben. Durch die Untergrabung des Dresscodes und Erhöhung des Altersdurchschnitts erregt der Haufen jedenfalls Aufmerksamkeit. Und da ein echter Motorradmann nur den Klang des Boxermotors seiner Maschine als Musik empfindet, verlassen einige Motorrad-Partywölfe fluchtartig und ohne einen Absacker die Location. 

Am nächsten Morgen sind auf dem allerersten Pass direkt hinter Luzern 9 der 12 Motorräder irgendwie nicht da… und wer ist schuld? Na klar – die Navis! So bietet sich den beiden trotzdem anwesenden Motorradfahrern, Harald und mir die Möglichkeit, die Aussicht auf Luzern zu genießen, bis die Truppe wieder vollständig ist.

Weiter geht es vorbei an Bergen, Seen, Kühen über Pässe und durch Kurven… Haukur beschützt seine Kollegen als Guide in bewährt ruhiger Art vor Ungemach durch Schweizer Blitzkästen…

Dann kommt die Mittagspause: während man den einen beibringen muss, dass die Schweizer Kartoffelspezialität nicht Rösti sondern Röööschdi heißt, vertreiben andere die Fliegen vom heiligen Mittagessen.

Direkt nach der Mittagspause kommt es zum lange befürchteten Supergau für wasserscheue Motorradmänner: Regen!!! Tatsächlich kommen total nasse Wassertropfen vom Himmel, was sogleich zum Einsatz der Regen-Abwehrsysteme führt:

Ein clubbekannter, ganz besonders wasserscheuer Mopedmann namens Wolfgang, findet sogleich 11 andere jammernde Gleichgesinnte. Ab jetzt werde ich zu ihnen allen ich immer Wolfgang sagen – quasi als Synonym für extrem wasserscheue, herumjammernde Mopedmänner. Die 11 Wolfgangs fahren also im Regen über hohe Berge nach Sedrun, wo abends zu edlen Preisen edel gespeist wird.

Goodbye Schweiz heißt es dann am nächsten Morgen. Trotz kniender Anbetungsversuche des Wettergotts durch den Chef aller Wolfgangs, wird die Heimfahrt ziemlich nass…

Ich habe die Tour jedenfalls trocken im klimatisierten Auto überstanden, musste aber ständig fahrtechnische Tipps von meinem nicht ganz so gechillten „Sozius“ alias Krücken-Harald über mich ergehen lassen. Er wäre so gerne mit dem Motorrad mitgefahren und wurde im Auto als Beifahrer verständlicherweise von gelegentlichen Schlechte-Laune-Attacken geplagt.

Ein besonderes Wort gilt noch Carola: Sie war die einzige weibliche Tour-Teilnehmerin und hat als Sozia die Jungs, die Hitze und den Regen klaglos überstanden.

Ach ja, und weil mich die Erfahrung lehrt, dass Pässe jagen für Motorradmänner mindestens genauso wichtig ist, wie Schuhe und Handtaschen horten für mich, hier die Sammlung der erlegten Trophäen in der Schweiz auf einen Blick: 

Schwägal – Ibereregg – Pragelpass – Klausenpass – Vierwaldstätter See – Glaubenbergpass – Sarner See – Glaubenbielenpass – Schallenbergpass – Thuner See – Brienzer See – Grimselpass – Furkapass – Oberalppass – Vorderrhein – Albulapass – Flüelapass – Fernpass   

Dieser Bericht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Objektivität. Darin beschriebene Charaktere entspringen rein meiner Fantasie und haben nichts mit lebenden Personen zu tun. Ähnlichkeiten sind rein zufälliger Natur.

Anja